Svenja Beck wurde jahrelang von ihrem Partner misshandelt. Nur mit Mühe löste sie sich von ihm. Heute hilft sie anderen Frauen.
Mein eigenes Leid war nicht das Schlimmste an meiner Situation. Am schlimmsten war, dass ich meine drei Kinder, die heute 18, 14 und sieben Jahre sind, leiden sah. Ich habe dann selbst das Jugendamt eingeschaltet. Meine größte Angst: Sie nehmen mir meine Kinder, und zwar zu Recht. Denn als Mutter habe ich versagt. Versagt, weil ich nicht fähig war, mich aus einer toxischen Beziehung mit einem narzisstischen Mann, dem Vater meines Jüngsten, zu lösen.
Dabei war ich in meinen Zwanzigern noch überzeugt: Wenn ein Mann seine Hand gegen mich erhebt, bin ich sofort weg. Noch bevor ich nach dem Scheitern meiner Ehe mit diesem Mann zusammenkam, habe ich ihm ins Gesicht gesagt, dass er ein Mensch mit bösen Augen sei. Meine erste Intuition war da sehr viel klarer als mein Verstand. In den ersten Wochen war unsere Beziehung ja auch schön. Was ich damals nicht wusste: Am Anfang einer Beziehung heben narzisstische Menschen ihre Partnerin oder ihren Partner auf einen Thron und geben ihnen das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Dafür ist besonders, aber nicht ausschließlich, ein ganz spezifischer Typus Frau anfällig: Frauen mit wenig Selbstwert und Selbstbewusstsein. Frauen, die kaum tiefe emotionale Familienbande erlebt haben. Frauen, die empathisch, mitfühlend und verletzlich sind. So wie ich damals. Ich habe dann geglaubt, ich hätte seine Gewaltausbrüche verdient. Verdient, an den Haaren durch die Wohnung gezerrt zu werden. Verdient, vergewaltigt und verprügelt zu werden. Er hat mir mit Mord gedroht. Doch selbst, als er mich fast erwürgt hatte und ich daraufhin Anzeige erstattete, habe ich mich weiter mit ihm getroffen. In dem kleinen Ort, in dem ich lebe, müssen alle von meinem Elend gewusst haben. Aber niemand hat mich je angesprochen. Nicht einmal, als ich im tiefsten Winter eine Sonnenbrille trug, um meine blauen Flecken zu verbergen. Irgendwann habe ich angefangen, Bücher über Narzissmus zu lesen und wusste: Ich muss diese psychische Abhängigkeit beenden. Geholfen hat mir eine tiefenpsychologische Therapie, in der ich viele innere Einstellungen und Glaubenssätze verändern konnte.
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aus PUBLIK FORUM, Ausgabe 19/2023
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