Krieg in der Ukraine: Angesichts der gegenwärtigen Krisen ist es wichtig, das innere Gleichgewicht nicht zu verlieren. Mit einem gehörigen Maß an Selbstfürsorge, einer aktiven Lebensgestaltung und einem wachsamen Umgang mit den eigenen Gefühlen kann das gelingen.
Felicitas Heyne ist eine weltoffene und zupackende Frau. Die Psychologin und Buchautorin betreibt eine eigene Praxis, besonders gern engagiert sie sich aber in der von ihr gegründeten Hilfsorganisation Urido. Zeit zum Grübeln oder Den-Kopf-Hängenlassen hat die 55-Jährige selten. Außerdem sei sie mit zunehmendem Alter gelassener und ausgeglichener geworden, erzählt sie. „Im Moment ist das anders. Derzeit muss ich mir meine geistige und seelische Gesundheit jeden Tag neu erarbeiten. Ein Zustand, den ich seit meiner Jugend eigentlich nicht mehr kenne.“ So wie ihr geht es derzeit vielen. Das Gefühl, von einer Krise (Corona-Pandemie) in die nächste (Ukraine-Krieg) zu stolpern, zehrt an den psychischen und mentalen Kräften selbst jener Menschen, die wie Felicitas Heyne eher stabil verfasst sind. „Fight or Flight“ nannte der US-amerikanische Physiologe Walter Cannon bereits 1915 die evolutionsbedingte Anpassung des Menschen an Gefahrensituationen. Allerdings ist der Kampf-oder-Flucht-Modus für uns nur dann eine gute Sache, wenn das Alarmsignal aus dem Gehirn und der damit einhergehende Adrenalinstoß aus der Nebennierenrinde, der den Körper dazu befähigt, Gefahrensituationen adäquat und schnellstmöglich zu begegnen, nur über eine sehr kurze Zeitspanne anhält. Wenn man sich vor Augen führt, mit welchen Reaktionen der Körper auf eine Gefahr reagiert, dann weiß man auch, wie gesundheitsschädigend es sein kann, wenn dieser Modus zur Bewältigung einer akuten Gefahrensituation länger anhält: Ausgeschüttet wird ein Hormoncocktail aus Cortisol und Adrenalin, die Atem- und Herzfrequenz beschleunigt sich, der Blutdruck steigt ebenso wie der Blutzucker, die Muskeln spannen sich an, die Milchsäure vermehrt sich, die Immunabwehr wird schwächer. Natürlich sind jene Menschen, die den Krieg vor der eigenen Haustür erleben, deutlich stärker von den Folgen eines Lebens im Kampfoder-Flucht-Modus betroffen als wir, die wir die Bilder von Kampf, Zerstörung und Flucht nur vom Fernsehschirm kennen. Dennoch hinterlassen die ewig negativen Nachrichten und die Bilderfluten auch bei uns negative Gefühle wie Betroffenheit, Schmerz, Angst, Ohnmacht und Zorn. „Ganz besonders dann, wenn nach zwei Jahren Pandemie bei vielen von uns der Akku einfach leerer ist als sonst“, bilanziert Felicitas Heyne. Mit ihren Freundinnen diskutiert sie die andauernden Katastrophen kaum: „Ich sehe keinen großen Sinn darin, die eigenen negativen Gefühle noch dadurch zu verstärken, dass ich sie mit anderen, ebenso […]
Erschienen in BIO, Gesundheit für Körper, Geist und Seele, 01.06.2022
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